Dezentrale Datenverteilung
Die IT-Landschaft im industriellen Bereich unterliegt einem stetigen Wandel. Bedingt durch die Herausforderungen der Industrie 4.0 wird insbesondere der Durchlässigkeit und Erreichbarkeit von Ressourcen ein hoher Stellenwert beigemessen. Viele eingebettete Systeme im Produktionsumfeld verfügen über optimierte Rechenkapazitäten, sowie über Kommunikationsmöglichkeiten verschiedener Art. So stehen neben den etablierten drahtgebundenen Bussystemen auch Funknetzwerke und sogar komplette Internetanbindungen bereit. Von Seiten der Betreiber bietet die zunehmende Vernetzung Vorteile, die sich im Bedienkomfort, aber vor allem auch hinsichtlich Effizienzsteigerung und Kostensenkung niederschlagen.
Der traditionelle Ansatz stellt sehr hohe Anforderungen an das Schutzziel Verfügbarkeit. Damit Client-Server Infrastrukturen ausreichend gut skalieren, müssen ausreichende Serverkapazitäten vorgehalten werden, die auch Reserven für Stoßzeiten vorhalten. Durch die klassische, zentralisierte Struktur besteht die Gefahr von Single Point of Failures, die immer dann auftreten, wenn zentral vorgehaltene Ressourcen ausfallen. Um die Gefahr von Single Point of Failures zu minimieren, müssen zusätzlich weitere Server an verschiedenen Standorten aufgestellt werden. Dadurch erhöht sich die Komplexität der gesamten Infrastruktur.
Aus der technischen Perspektive betrachtet, handelt es sich bei Client-Server Infrastrukturen um ein Relikt aus der Zeit, in der nur wenige Kommunikationsteilnehmer über große Mengen an Ressourcen verfügten. Aus diesem Grund verlangen diese Infrastrukturen dem Server die Hauptlasten ab, während die Clients ihre Anfragen mit relativ wenig Ressourcenaufwand bewältigen können. Bedingt durch die Fortschritte in der Computertechnik verfügen mittlerweile erhältliche, eingebettete Systeme über immer mehr Kommunikationsmöglichkeiten.

Auf Basis der erweiterten Möglichkeiten durch gestiegene Ressourcen auf den Clientsystemen, wurde eine neue Klasse von Kommunikationsinfrastrukturen entwickelt. Bei den so genannten Peer-to-Peer Verfahren wird die stringente Client-Server Kommunikationshierarchie aufgebrochen. Jeder Teilnehmer der Kommunikationsinfrastruktur nimmt für die verwalteten Daten zugleich die Rollen des Servers und des Clients ein. Wenn ein Teilnehmer Datensätze benötigt, wird über das Kommunikationsprotokoll der Teilnehmer ausgewählt, der über die aktuellen Daten verfügt und nach vordefinierbaren Qualitätsmaßstäben der optimale Anbieter ist. Ausfälle einzelner Teilnehmer, Überlastungen oder unvollständige Synchronisationen haben auf Peer-to-Peer-Systemen nur geringe Auswirkungen, da stets redundante Systeme vorhanden sind.
Im IUNO-Projekt wurden in Form eines Baukastens robuste Methoden und Technologien identifiziert, die dem aktuellen Stand entsprechen und durch dezentrale Ansätze, insbesondere das in der Industrie wichtige Schutzziel Verfügbarkeit, adressieren.
Das Client-Server Modell wird durch ein dezentrales Kommunikations-Modell ersetzt. Mit modernen Routing-Techniken werden Ende-zu-Ende Verbindungen ermöglicht. Die Kommunikationspartner werden eindeutig mit kryptographischen Verfahren identifiziert.
Anwendungsfälle
- Dynamische Umstrukturierung von Produktionskapazitäten: Über dezentrale Architekturen lassen sich die Anforderungen der kundenindividuellen Produktion optimal umsetzen. Schwankende Produktnachfragen können dynamisch auf weitere Zulieferer aufgeteilt werden, um so die angefragten Kapazitäten bedienen zu können.
- Übertragung von Produktionsdaten an dezentrale Produktionsstandorte: Die beteiligten Hersteller eines Produkts lassen sich über dezentrale Techniken miteinander vernetzen, so dass die dem Produkt zugehörigen Daten immer den jeweiligen aktuellen Produzent verfügbar sind. Dies ermöglicht eine lückenlose Dokumentation der Produktqualität und Fertigungsbedingungen über den Entstehungsprozess eines Produkts.
- Dynamische Kompensation von Ausfällen in der Netzwerk-Infrastruktur: Über eine dezentrale Datenverteilung lassen sich weitere Subunternehmer leicht in den Fertigungsprozess einer Wertschöpfungskette einbinden, um so Ausfälle dynamisch kompensieren zu können.
- Anpassung der Produktionsprioritäten an Marktbewegungen: Über eine dezentral organisierte Infrastruktur mit standardisierten Schnittstellen ist eine flexible Reaktion auf am Markt nachgefragten Produkten möglich. Dezentral organisierte Produktionsdaten begünstigen eine betriebsoptimierte Priorisierung von Produktionsressourcen.